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Ein Wahlbündnis wäre wohl klüger gewesen

In vielen Ländern der Welt sind Wahlbündnisse eher die Regel als die Ausnahme. In Österreich hat das überhaupt keine Tradition. Das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht eine Überlegung wert ist, Wahlbündnisse zu machen.

In vielen Ländern der Welt sind Wahlbündnisse eher die Regel als die Ausnahme. In Österreich hat das überhaupt keine Tradition. Das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht eine Überlegung wert ist, Wahlbündnisse zu machen.

 

Wie lässt sich ein Wahlbündnis definieren? Verschiedene kandidierende Parteien oder Personen, die sich im demokratischen Wettbewerb einer Wahl stellen, definieren vor der Wahl – transparent für die Bürgerinnen und Bürger – dass oder wie sie nach der Wahl kooperieren werden, sofern sie dieses oder jenes Wählervertrauen bekommen.
Oder: Mehrere Parteien nominieren vor einer Wahl nicht je eine kandidierende Person separat, sondern schließen sich zusammen und nominieren gemeinsam eine Person, oder – im Fall einer Listen-Wahl – eine einzige Liste gemeinsam.
In keinem dieser Fälle löst sich eine Partei auf oder geht in einer anderen auf. Im Gegenteil: Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein bleiben gewahrt und finden in einem Wahlbündnis sogar ihren Ausdruck.

 

Welche Vorteile hat das? Einer ist die Berechenbarkeit für die Wählerinnen und Wähler; ein anderer die Klarheit im demokratischen Wettbewerb, der ja dazu da ist, Richtungsentscheidungen durch die Bürgerinnen und Bürger treffen zu lassen – “alle Macht geht vom Volk aus”.
In anderen sicher nicht minder entwickelten demokratischen Systemen sind diese Richtungsentscheidungen in der Regel zwischen Regierung (“Ja, im Großen und Ganzen weiter so.”) und Opposition (“Nein, im Großen und Ganzen muss sich etwas ändern.”) Übrigens: Für die Detail-“Justierungen” in solchen Systemen ist eben die stärkere Persönlichkeitswahl da, die es der Wählerin oder dem Wähler ermöglicht, durch die Person A jenen Schwerpunkt oder durch die Person B den anderen Schwerpunkt stärker zu unterstützen.

 

Wo es dieses Ventil der Persönlichkeitswahl nicht gibt, entstehen in den freien Gesellschaften der westlichen Welt aufgrund von Individualisierung und mehr Heterogenität immer mehr Parteien – das ist jetzt in Deutschland und Österreich zu beobachten. So wird es in Österreich es auf absehbare Zeit vier “Sechstelparteien” und eine “Drittelpartei” geben – nach menschlichem Ermessen und nach heutigem Stand – für die Bundesebene, versteht sich. Wählerinnen und Wähler unterscheiden mit hoher Präzision zwischen Gemeinde, Land, Bund und Europa. (Und: Klar sollen die kleineren das ändern wollen, oder die größere noch größer werden wollen, gerade das bringt ja der demokratische Wettbewerb mit sich. Aber die Analyse muss man schon aussprechen dürfen.)

 

Die ehemals großen unter den zukünftigen Sechstelparteien waren auf die ganz neue “Spiel-Anlage”, die eine Knock-Out-Wahl mit sich bringt, überhaupt nicht vorbereitet. – Und ich betone an dieser Stelle, dass man ganz sprichwörtlich “im Nachhinein immer klüger” sein kann. Ich habe das auch nicht so deutlich kommen gesehen. Aber ich will zumindest jetzt langsam begreifen…
Denn systemisch führt jede Wahl mit beispielsweise sechs Kandidatinnen und Kandidaten – spieltheoretisch gesprochen – zu einer “Kannibalisierung”. Je ähnlicher (und gemäßigter) Kandidatinnen und Kandidaten sind, desto mehr sind sie dann gefährdet. Je mehr Alleinstellung ein Kandidat hat, desto größer sind dann seine Chancen – siehe Hofer. Und die zweitgrößte Alleinstellung hatte sicher Van der Bellen (wenn man Lugner ausnimmt).

 

Einer der Gründe dafür, dass die Sache von den Unterlegenen dieser Wahl “nicht zu Ende gedacht” worden war, ist, dass seit Jahr und Tag die Bundespräsidentschafts-Wahl nicht ernst genug genommen wird. Ich beobachte das schon lange und kritisiere es auch schon lange. Das Mindset des politischen Alltags ist in Wahrheit, dass das eine “lästige Wahl” sei, die – vormals für die Parteiapparate – “nur Geld kostet”, das Amt selbst aber sei ohnehin nicht sehr bedeutend (was der größte Unsinn ist, meiner Meinung nach).
Und: Nein, das ist keine Entschuldigung dafür, dass SPÖ und ÖVP die “Super-Loser” dieses Wahlsonntags sind. Denn ganz ehrlich: Die FPÖ hat die Wahl ebenso wenig ernst genommen, und trotzdem hat ihr Kandidat haushoch gewonnen.
Grüne und Neos haben auf ihre Art die Wahl sehr wohl ernst genommen. Und in diesen beiden Parteien hätten für eine Volks-Partei auch Ansprechpartner für ein Wahlbündnis gesucht werden müssen.
(Nur um nicht missverstanden zu werden: Mir tut Hundstorfer leid, weil er in einen Wahlkampf geschickt wurde, in dem er eine viel schlechtere Figur gemacht hat als es seinem politischen Wirken entsprechen würde; und ich empfinde für Khol nur Dank und Anerkennung, dafür, dass er sich diese “Uphill-Battle” für Österreich angetan hat, und für seine menschliche und politische Größe. Das steht alles auf einem anderen Blatt.)

 

Wählerinnen und Wähler, die gemäßigt, mittig, “österreichisch” wählen wollen, haben es jetzt gar nicht so einfach bei der Stichwahl. Das entnehme ich vielen Gesprächen, E-Mails und Postings derzeit. Das kann aber auch eine Chance sein, einen Wahlkampf zu erleben, in dem sich beide Kandidaten wirklich glaubwürdig in die Mitte bewegen und um das Vertrauen werden, wirklich für alle Österreicherinnen und Österreicher da sein zu wollen und zu können. Wir als Wählerinnen und Wähler werden beurteilen müssen, wer das nur vorspielt, und bei wem das authentisch ist. Ich selbst entscheide mich zwischen zwei drei meines Erachtens legitimen Optionen.

 

Eine Sache scheinen SPÖ und ÖVP jetzt richtig zu machen: sie geben keine parteilichen Wahlempfehlungen ab. Mündige Bürgerinnen und Bürger brauchen das nicht. Mündige Bürgerinnen und Bürger wären eher befremdet davon, von einer Partei X oder einer Partei Y, die gar niemanden mehr “im Rennen hat”, zu hören, wer denn zu wählen sei. Und dieses Befremden wäre sehr berechtigt. Auch Griss gibt keine Wahlempfehlung ab, obwohl sie als knapp ausgeschiedene Kandidatin im Sinne des Sportsgeists meiner Meinung nach mehr moralisches Recht dazu hätte als Parteien. Ich finde diese Griss-Entscheidung ebenfalls reif und beachtenswert.

 

 



04.05.2016

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